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La pizza Patrimonio Unesco

VON GIULIANA PIZZI, 11. DEZEMBER 2017

2017 kam die Nachricht, die alle überraschte, bewegte und mit Stolz erfüllte: Die Pizza Napoletana ist UNESCO-Weltkulturerbe. Aber was bedeutet das genau, und wie wirkt sich das auf die italienische Wirtschaft aus?

Ein kleiner geschichtlicher Abriss: Die neapolitanische Pizza taucht zum ersten Mal zwischen 1715 und 1725 in den Schriften von Vincenzo Corrado auf, der gegen Mitte des 18. Jahrhunderts eine Abhandlung über Neapel verfasste. Jedoch dauerte es bis 1889, als der Koch Raffaele Esposito in den Palazzo Regio Capodimonte, die Sommerresidenz der Königsfamilie, gerufen wurde, um für Ihre Majestät, die Königin Margherita, seine berühmten Pizzas aus der Antica Pizzeria Brandi zuzubereiten. So entstand die Pizza Margherita mit Tomaten, Mozzarella und Basilikum als Reminiszenz an die Farben der italienischen Nationalflagge.

PIZZA NAPOLETANA: PATRIMONIO UNESCO

Am 7. Dezember 2017 wurde die Pizza Napoletana, die bereits seit 2010 als garantierte traditionelle Spezialität anerkannt war, offiziell zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Auch wenn es nunmehr verschiedene Schulen gibt, ist eins sicher: Die neapolitanische Pizza lässt sich an wenigen, einfachen Merkmalen erkennen, von denen keine Abweichung erlaubt ist: weicher, gut aufgegangener Rand mit einer Höhe von 1 bis 2 cm, Teigmitte 3 mm, anderenfalls „ist es keine Pizza“, und ein einfacher Belag, was in den alteingesessenen und puristischen Pizzerien bedeutet: Margherita und Marinara. Alles andere ist Langeweile.

Damit die neapolitanische Pizza zum UNESCO-Weltkulturerbe wird, waren mehr als nur Gourmettests und akrobatische Pizzabäcker notwendig: 8 Jahre Werbung und 2 Mio. Unterschriften in 50 Ländern sorgen dem italienischen Verband der Landwirte Coldiretti zufolge dafür, das der Traum endlich wahr wurde. Die UNESCO begründete ihre Entscheidung u. a. wie folgt:

„Das kulinarische Know-how in Verbindung mit der Pizza-Produktion, wozu auch Gesten, Lieder, Mimik, lokaler Jargon sowie die Fähigkeit, mit Pizzateig umzugehen, sich zur Schau zu stellen und Gemeinschaftlichkeit zum Ausdruck zu bringen, gehören, ist ein unbestreitbares kulturelles Erbe. Gastwirte und ihre Gäste begehen ein gesellschaftliches Ritual mit dem Pizzaiuolo, dessen Theke und Ofen als ‚Bühne‘ für den Prozess der Pizzaherstellung fungieren. Dies findet in einer geselligen Atmosphäre statt, die den kontinuierlichen Austausch mit den Gästen zulässt. Ausgehend von den ärmeren Vierteln Neapels hat sich die kulinarische Tradition tief im Alltag der Gemeinschaft verwurzelt. Für viele junge Leute repräsentiert die Ausbildung zum Pizzaiuolo auch eine Art und Weise, soziale Ausgrenzung zu umgehen.“

Wer Neapel einmal länger als nur ein Wochenende besucht hat, weiß, was eine Entscheidung dieser Art bedeutet: Pizza ist nicht nur das Wahrzeichen der mediterranen Kultur und der Mittelmeerdiät, die ein weiteres UNESCO-Weltkulturerbe ist, sondern ein deutliches Zeichen dafür, dass es möglich ist, dank lokaler herausragender Leistungen eine lebendige Wirtschaft entstehen zu lassen und die Pizza zu einem Mittel zur Förderung der italienischen Kultur weltweit zu machen. Vor allem für Neapel.

Seit jeher muss sich diese Stadt mit einer fast originären Ausgrenzung auseinandersetzen, an die sich ihre Bewohner im Lauf der Jahre gewöhnt haben und die sie schon immer mit Gastfreundschaft und Schönem besiegten. Jener weltweit einzigartigen Schönheit, die aus Aberglauben, abgrundtiefer Heimatliebe und der Wahrung von Traditionen besteht.

Nicht nur die Pizza wurde zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt, sondern auch die ganze Stadt Neapel. Eine Stadt, in der es in einigen Vierteln keine private Dimension gibt, da das Leben Tag für Tag durch Gemeinsamkeit und Teilen geprägt ist. In den Erdgeschosswohnungen (Vasci), auf den engen Treppen und hinter den Kippfenstern nahm die neapolitanische Revolution ihren Anfang. Diese Bewegung besitzt mit der Pizza ein Symbol, das in der Lage ist, die Rückkehr zu jener Campania felix zu betonen, die sich (endlich) seit einiger Zeit vollzieht.